Das Bemühen, geschichtliche Begebenheiten durch postalische Zeitzeugen abzubilden oder nachzuzeichnen, erhebt für viele Sammler die Philatelie in den Rang einer Hilfswissenschaft. Und das könnte in diesem Falle zutreffen.
Es geht um den Zeitraum von 1803 bis 1806. Nach dem – brüchigen – Frieden von Amiens (1802) hatte Großbritannien erneut Frankreich den Krieg erklärt, mit der Folge, dass bald darauf die Postverbindungen aus dem Süden Europas nach England unterbrochen waren. Die Postkurse über Calais-Dover oder Ostende-Dover funktionierten nicht mehr. Und jetzt kommt wieder Hamburg ins Spiel. Die Postschiffe Richtung Hamburg sollten, von Harwich kommend, Cuxhaven anlaufen. Ab 1803 aber blockierte England die Elbe und so wurde Tönning Ausweichstation. Von dort wurde dann die Post auf dem Landweg über dänisches Gebiet nach Hamburg befördert und umgekehrt. Hier ein Brief, der in ein neutrales Land ging, in die Vereinigten Staaten von Amerika:
Die Post nach England wurde ebenfalls über Hamburg abgefertigt, wie dieser Brief dokumentiert:
„HAMBURGH – ein englischer Stempel!“ war die Überschrift einer Veröffentlichung von Rolf Dieter Jaretzky im Jahre 1965 [1]. Dieser Stempel ist selten und nur aus den Jahren 1803-1804 bekannt. In seiner Form (und Datumsfolge) sicherlich britischen Ursprungs; jedoch hat es in Hamburg niemals ein britisches Postamt gegeben, vermutlich aber einen britischen Postagenten, der die englische Post als aus Hamburg kommend kenntlich machte, zur Festsetzung des Portos. Im gleichen Artikel erwähnt Herr Jaretzky, dass ihm aus gleicher Korrespondenz – „S. Barber Esq.“ – drei weitere Briefe bekannt seien, alle aus Nimes in Frankreich.
Auch der nächste Brief kommt – vermutlich – aus Frankreich.
Ein Hamburger Turmstempel aus dem Jahre 1806 (?). Ein solcher Stempel war bisher nicht bekannt, es wären immerhin 8 Jahre, bevor wir die Verwendung dieses Stempels ab dem Jahre 1814 kennen. Der untere Teil – zweizeilig HAMBURGH und Datumsangabe – ähnelt dem vorher gezeigten Stempel, die schwarze Farbe könnte auch durch Oxidation der roten Farbe entstanden sein, hier bleiben leider Fragen offen. In jedem Fall aber wurde der Brief nach London und dann darüber hinaus befördert. Es ist ein privater Brief an eine militärische Adresse („Major d`Infanterie“). Aber so sehr man hofft, etwas über militärische Aktivitäten und/oder Transportmöglichkeiten und -wege zu lesen, es geht nur um private Angelegenheiten. Auch dieser Brief muss vom britischen Postagenten in Hamburg behandelt worden sein.
Als Napoléon am 14.10.1806 Hamburg besetzte, musste der Agent seine Tätigkeit aufgeben. Am 21.November 1806 wurde die Kontinentalsperre verhängt, und nun wurde die Korrespondenz mit England noch viel schwieriger.
[1] R.D.Jaretzky. HAMBURGH – ein englischer Stempel. 1965.