Frank Arthur Bellamy und seine Philatelistische Bibliothek

F.A.Bellamy – für „Bibliophile“ unter den Philatelisten hat dieser Name einen besonderen Klang. Sein Ex-Libris hat als Pedigree für Bücherfreunde die gleiche Wertigkeit wie eine Signatur z.B. von Ferrary auf einer Briefmarke sie für Philatelisten hat.  Abhishek Bhuwalka aus Mumbai, der eine sehr schöne Webseite pflegt, hat jetzt unter seiner Rubrik „Blog on Philatelic Literature“ über F.A. Bellamy berichtet. Er war sofort einverstanden, als ich ihm vorschlug, diesen Artikel auch in meinem „Bulletin“ zu veröffentlichen, mit einer deutschen Übersetzung. Viel Spaß!

Frank Arthur Bellamy war einer der größten Sammler aller Zeiten von philatelistischer Literatur. Nachdem die Bibliothek des Earl of Crawford dem Britischen Museum vermacht worden war (heute in der British Library), galt die Bibliothek Bellamy `s als die größte der Welt, bis zu ihrem Verkauf im Jahre 1938.

Bellamy wurde in Oxford am 17.Oktober 1863 geboren, als siebtes und letztes Kind einer College Mitarbeiterin und eines Meister-Buchbinders (vielleicht einer der Gründe für seine Liebe zu Büchern). Er war ab 1881 im Radcliffe Observatorium beschäftigt und arbeitete dort 46 Jahre lang am „Astrographic Catalogue“, dem ersten internationalen Werk, das die Photographie zur Katalogisierung von Sternen beider Hemisphären nutzte.

Zusammen mit seiner Nichte, Ethel Bellamy, katalogisierte er etwa eine Million Sterne.

Bellamy wurde im Jahre 1896 zum Fellow der Royal Astronomical Society ernannt, seine Nichte Ethel folgte ihm darin im Jahre 1926.

Im Jahre 1931 wurde H.H. Plaskett zum neuen Direktor des Observatoriums ernannt; Bellamy konnte jedoch mit seinem neuen Vorgesetzten nicht auskommen, so dass er seinen Posten am 30.Januar 1936 aufgab. Er starb, vielleicht an gebrochenem Herzen, zwei Wochen später, am 15.Februar 1936.

Bellamy begann als Kind im Alter von 5 Jahren mit dem Briefmarkensammeln. Sein Augenmerk lag auf den Kuriermarken der Oxford und Cambridge Colleges, von denen er etwa 2500 Stück besaß. Dieser Bestand und einige andere Marken und philatelistische Stücke wurden von John Johnson von Ethel Bellamy erworben und sind heute Teil der weltberühmten „John Johnson collection of printed Ephemera“, die sich in der Bodleian Library befindet [der Hauptbibliothek der Universität Oxford und gleichzeitig eine der sechs Pflichtexemplarbibliotheken im Vereinigten Königreich, in denen jedes im Land gedruckte Werk hinterlegt werden muss].

Bellamy war der Autor von „Oxford and Cambridge College Messenger Postage Stamps, Cards, and Envelopes 1871-86“ (1921) sowie von „A Concise Register of the College Messenger Postage Stamps, Envelopes, and Cards used in the Universities of Oxford and Cambridge 1871-95, together with the stamps used by the Oxford Union Society 1859-85“ (1925). Zudem war er Co-Autor von „A History of the Philatelic Congress of Great Britain and a Précis of the Proceedings at the First Four Congresses held at Manchester, London, Birmingham, Margate in 1909, 1910, 1911, 1912“ (1914).

Bellamy` s bedeutendster Beitrag zur aktiven Philatelie war seine Mitgliedschaft und sein ehrenamtliches Engagement in der Oxford Philatelic Society (OPS). Am 13.Dezember 1890 fand im Boys` School Room in Gloucester Green ein Treffen statt, um über die Gründung „eines Briefmarken-Sammlervereins bzw. über eine Briefmarken-Sammler-Gesellschaft in Oxford“ zu diskutieren. Als Ergebnis wurde am 27.Januar 1891 „The Jubilee Philatelic Association“ gegründet, mit Bellamy als ehrenamtlicher Geschäftsführer und Schatzmeister. Diese Vereinigung verschmolz (oder besser, die ursprüngliche Vereinigung wurde umbenannt) zur Oxford Philatelic Society (OPS), und zwar am 22.März 1892. Bellamy blieb in seiner Funktion bis 1930 und noch einmal ab 1933 oder 1934.

Bellamy war ein „spröder“, oftmals starrköpfiger Mensch, aber penibel und hingebungsvoll in seinen Ämtern und Ansichten.

So hatte er zum Beispiel im Jahre 1889 bei der Gründung der Photographischen Gesellschaft Oxford mitgewirkt, aber zog sich bereits 1892 aus prinzipiellen Gründen zurück; er lehnte es auch ab, der Nachfolgegesellschaft, dem „Oxford Camera Club“, beizutreten, statt dessen schloss er sich dem „Banbury Photographic Club“ an!

Die zeitliche Lücke von 3 oder 4 Jahren in seiner Tätigkeit in der Oxford Philatelic Society kam wie folgt zustande: Bei einem Treffen der OPS am 12.März 1929 wurde Bellamy` s Antrag auf Erhöhung des Jahresbeitrages mit 8 gegen 1 Stimmen abgelehnt. Seine sofortige Kündigung am gleichen Tag nahm er zurück und erklärte sich einverstanden, seine Funktion als Geschäftsführer und Schatzmeister bis zur nächsten jährlichen Hauptversammlung im Januar 1930 weiterzuführen. Als dann ein Captain Harley sein Nachfolger wurde, fanden keine weiteren Treffen bis zum 25.Juli 1933 statt. Bellamy kehrte zurück, um seine Ämter wieder aufzunehmen, entweder bei diesem Treffen oder dem nächsten, das am 13.Februar 1934 stattfand.

Bellamy` s Interesse an philatelistischer Literatur kann man wahrscheinlich auf die letzten zwei Jahrzehnte des 19.Jahrhundert zurückdatieren. Er war Juror für philatelistische Literatur auf der Londoner Philatelistischen Ausstellung 1897.

Um 1916 hatte er eine umfangreiche Bibliothek zusammengetragen. Einige Titel aus seiner Bibliothek halfen Edward D. Bacon bei der Erstellung des Crawford Kataloges.

Bereits um die Jahrhundertwende entschloss sich Bellamy, seine Sammlung der Universität von Oxford zu schenken. im Jahre 1916 führte er Vorgespräche mit der Universität, doch wurde er gebeten, bis zum Ende des Krieges zu warten. Im Jahre 1920 machte er ein formelles Angebot, das sechs Jahre später, im Jahre 1926, zurückgewiesen wurde. Die Universität wies das Angebot mit der Begründung zurück, „…dass die Philatelie kein Studienfach der Universität sei und dass die Sammlung, wie begehrenswert auch immer, Kosten für die Universität verursachen würde, die die Sammlung aufzunehmen nicht rechtfertigen würde.“

Bellamy war zutiefst gekränkt und schrieb zwei Briefe, von denen einer in der „Times“ vom 9.Juni und der andere, mehr ausführlichere, in der „Oxford Times“ vom 25.Juni 1926 erschien. In beiden Briefen legte Bellamy dar, dass er angeboten hatte, sämtliche Kosten, die aus seinem Geschenk erwachsen würden, jetzt und in Zukunft zu tragen. Lediglich der Platz würde benötigt werden, und davon gäbe es genug in verschiedenen Gebäuden der Universität; zudem, falls es später zu Engpässen kommen würde, könnten die Sachen immer noch verlagert oder vernichtet werden! Er hatte das Gefühl, dass die Leitung der Universität die Bedeutung von Postgeschichte nicht erkannt hatte.

Ungesagt blieb der stille Vorwurf, dass, wenn das Britische Museum die Schenkung vom Earl of Crawford annehmen konnte, warum konnte dann nicht die Universität von Oxford sein Geschenk annehmen, das von einer gleich hohen Qualität war?

Diese beiden Briefe wurden später als kleine Monographie gedruckt, unter dem Titel „Statements and Comments upon the Result of a Proffered Gift to the University of Oxford“ [Feststellungen und Kommentare zum Ergebnis eines angebotenen Geschenks an die Universität von Oxford]. Diese Monographie ist heute recht selten.

Kurz vor seinem Tod im Jahre 1936 stand Bellamy unter dem Eindruck, dass seine Sammlung ins Queen` s College (Cambridge) gehen würde. Queen` s hatte in der Tat Bereitschaft signalisiert, zog diese Zustimmung jedoch in Anbetracht der finanziellen Situation von Bellamy` s zwei Nichten zurück, die mit ihm lebten und die von ihm finanziell abhängig waren. Bellamy selbst starb mittellos.

 

 

Viele Quellen behaupten, dass Bellamy` s Bibliothek etwa 200.000 Titel umfasste. Dies ist falsch. In seinen Briefen erwähnt Bellamy, dass die Gesamtzahl seiner Sammlungsstücke einschließlich der Briefmarken über 200.000 betragen würde. Seine Bibliothek allein enthielt „über 75.000 Titel“ und würde 320 Fuß (ca. 100+ Meter) laufende Regalmeter belegen.

Die frühesten Titel datierten zurück bis etwa zum Jahre 1500; hierbei handelte es sich um postalische Verfügungen und Verordnungen; sowie Straßenkarten aus der Zeit, bevor die Eisenbahn fuhr. Ein handschriftliches Bibliotheksverzeichnis befindet sich in der John Johnson Sammlung.

Bellamy` s Bibliothek wurde im Jahre 1938 an Albert H. Harris verkauft. Das Gesamtgewicht betrug circa 10 Tonnen. Seitdem sind Bellamy` s Bücher, kenntlich an seinem Ex-Libris (ein schwarzer Gummistempel von 19mm Durchmesser)[siehe oben], in der ganzen Welt verstreut. In letzter Zeit kann man solche Stücke nur selten finden; vielleicht sind sie alle in bibliophilen Sammlungen verborgen.

Anmerkung: Dieser Artikel wurde erstmals am 21.Februar 2020 veröffentlicht, aber noch einmal gründlich am 12.März 2020 überarbeitet, nachdem der Autor ein Buch über die Geschichte der OPS erwerben konnte (es ist erhältlich von der Society). Viele neue Informationen kamen aus dieser Quelle.

Literaturverzeichnis:

  1. Hughes, A. M. Oxford Philatelic Society: A History. Oxford: Oxford Philatelic Society, 2016
  2. Birch, Brian J. Philatelic and Postal Bookplates. Montignac Toupinerie, France: The Author, 2018
  3. Birch, Brian J. The Philatelic Bibliophile’s Companion. Montignac Toupinerie, France: The Author, 2018
  4. https://en.wikipedia.org/wiki/Frank_Arthur_Bellamy
  5. ​https://cseligman.com/text/atlas/discoverers.htm#bellamy
  6. http://www.abps.org.uk/Home/Who_Was_Who/index.xalter#B
  7. https://www.bodleian.ox.ac.uk/__data/assets/pdf_file/0004/86044/catalogue-of-an-exhibition.pdf
  8. http://www.oxfordshireblueplaques.org.uk/plaques/bellamy.html
  9. https://oxfordphilatelicsociety.wordpress.com/2019/01/13/simon-reviews-our-new-season-to-jan-2019/
  10. http://www.stsepulchres.org.uk/burials/bellamy_frank.html

 

Soweit der Artikel von Abhishek Bhuwalka aus Mumbai, Indien. Sie können den Originaltext in englischer Sprache auch hier lesen.