Aspekte zur Hamburger Postgeschichte (21) – Das ist die Krönung !

Während ich heute, am 6.Mai 2023, diesen kleinen Beitrag verfasse, sitzt ein Teil meiner Familie vor dem Fernseher und sieht die Bilder aus London, zur Krönung Charles III. zum König von England. „Hunderttausende Zuschauer in London“, Millionen vor den Bildschirmen – für viele Menschen ein „once-in-a-lifetime-Ereignis“!

Vor 185 Jahren fand etwas Ähnliches in London statt:

Die Krönung Königin Victorias am 28.Juni 1838. Und auch schon damals muss in London der Ausnahmezustand geherrscht haben, denn zeitgenössischen Berichten zufolge sahen 400.000 Besucher das Spektakel. London hatte zu der Zeit immerhin auch schon 1,8 Millionen Einwohner und war die bevölkerungsreichste Stadt der Erde.

Warum ich dies alles erzähle? ich fand den Bericht eines Zeitzeugen, der in einem vierseitigen Brief seinen Freunden in Mecklenburg eine anschauliche Schilderung des Ereignisses liefert.

Die Absenderin oder der Absender („M.Blake“) muss zu den geladenen Gästen gehört haben, denn sie oder er hatte einen nahe Platz unmittelbar in der Nähe des Geschehens.

 

Aus dem langen Inhalt zitiere ich die folgenden Passagen:

„…The sight in the Abbey was very grand and beautiful, & the various services & ceremonies extremely interesting, the Queen went through it all beautifully  & seemed more au fait at her part in the business than most of the other great functionaries, she signed her name to the Oath with a firm and steady hand and was always self-possessed. She was always most overpondered, poor little thing, by the weight of her various dresses for  tho` she had 6 ladies of the chamberlain to hold up her train it seemed to dragging her clothes off her shoulders.

….

Poor Ld. [=Lord] Rolle (aged 89) fell backward down the step to the Throne as he was going to do Homage and everybody was alarmed , but he got up immediately and began to re-ascend the steps when the Queen moved forward from the throne & held out her Hand to him & Kiss, as it were, … She was always composed & dignified & thus raised good feeling, which was appreciated. …“

Aus dem Blickwinkel des Philatelisten ist dies vielleicht nur ein „einfacher“ Brief, der von London nach Mecklenburg ging und der – gemäß Vermerk links oben auf der Adressseite – „Pd 1 [sh.]/8 [d.]“  gekostet hat. „Per Hamburgh Steamer“ befördert, wurde er vom Stadtpostamt in Empfang genommen und zur Weiterleitung an das Mecklenburgische Postamt übergeben, das dem Brief seinen zweizeiligen Bestätigungsstempel aufdrückte. Es ist die mit am häufigsten vorkommende Type (9) gemäß Stempelhandbuch und noch nicht einmal besonders gut abgeschlagen. Vielleicht können Sie einen solchen Brief für 20 oder 30 Euro auf einer Messe finden – aber für einen wahren „Royalisten“ liegt der innere Wert aber doch deutlich höher, oder nicht ?!

Philatelistische Ephemera

Vor ein paar Jahren erschien in einem unserer Auktionskataloge (338.Schwanke-Auktion, 20.November 2012) dieses „Promotional“ für die oftmals dekorativen und künstlerisch hervorragend gestalteten Exlibris, die wir in etlichen Werken Philatelistischer Literatur gefunden hatten. Die Resonanz war beachtlich; viele bibliophile Sammler aus aller Welt freuten sich darüber, dass dieses in früheren Zeiten viel beachtete Sujet wieder einmal aufgegriffen wurde. Über unseren Freund  Frank Arthur Bellamy, dessen Exlibris-Stempel Sie in der Collage oben in der rechten unteren Ecke sehen, habe ich in meinem Bulletin ja schon an anderer Stelle berichtet. (Frank Arthur Bellamy und seine Philatelistische Bibliothek – Schwanke Philatelie (schwanke-philatelie.de)

Nun sah ich kürzlich in der Philatelistischen Bibliothek Hamburg – dargeboten in einer gut gesicherten Vitrine, die noch weitere alte „Schätze“ enthält – zwei mir bis dato unbekannte philatelistische Exlibris, die ich Ihnen vorstellen möchte. 

Das Exlibris von John K(err) Tiffany (1842-1897)

„Philatelical Library Collected by John K. Tiffany“, in der Mitte die Bären von St. Louis.

John K. Tiffany (1842-1897) lebte und arbeitete als Ingenieur in St.Louis, Missouri. Sein Hobby: Die Philatelie.

Tiffany war in den 1880er und 1890er Jahren einer der bekanntesten Sammler in den USA. Im gelang es u.a., die „Bären von St.Louis“, eine der seltensten und teuersten Postmeisterausgaben, zu plattieren! Bücherfreunde wissen, dass er  – neben Briefmarken – alles sammelte, was über Briefmarken zu der Zeit in gedruckter Form erschienen war und laufend erschien. Als er im Jahre 1897 starb, hinterließ er die damals größte Philatelistische Bibliothek der Welt.

Diese wurde an den Earl of Crawford verkauft, der sie wiederum dem Britischen Museum vermachte. In der British Library ist diese Bibliothek heute zu bestaunen.

Obwohl die „Bären“ in jedem Buch aus Tiffany`s Bestand klebten, sieht man dieses Exlibris in Deutschland nur sehr selten. Sie müssen vermutlich nach London in die British Library fahren, um ein weiteres im Original zu sehen!

Und nun kommt ein Zeitsprung ….. aus den letzten Jahrzehnten des 19.Jahrhunderts in die Zeit nach 1945:

Wer war A(lfred) Goldammer ?

Sehen Sie sich die sehr feine Ausarbeitung dieses Exlibris an (mit den kleinen Goldammern links und rechts in den Zweigen!), und Sie werden sofort erkennen, dass hier ein künstlerisch sehr begabter Mensch am Werk war.

Wie (fast) immer, wird man in solchen Fällen bei Wikipedia fündig. Wolfgang Schneider stellt in seiner Arbeit „Deutschlands Briefmarkenkünstler“ den Graphiker und Maler Alfred Goldammer vor.

Geboren im Jahre 1891, kam Alfred Goldammer im Jahre 1917 als graphischer Zeichner zur Reichsdruckerei, wo er mit Entwürfen für Banknoten begann und später auch an der Gestaltung von Briefmarken arbeitete. Bereits in den Jahren 1938-39 erschienen Briefmarken von ihm, aber seine große Schaffensperiode, die wir als Briefmarkensammler wahrnehmen, kam in den 1950er Jahren, als er – nunmehr in der Bundesdruckerei in Berlin angestellt – viele Briefmarken für die Landespostdirektion Berlin entwarf, darunter u.a. die Berliner Bautenserie (Mi.Nr. 42-60), die Ausgabe für die  Währungsgeschädigten (Mi.Nr. 68-70, Block 1) oder die Gedächtniskirchen-Serie (Mi.Nr. 106-09).

Alfred Goldammer arbeitete bis zu seiner Pensionierung bei der Bundesdruckerei Berlin. Er starb im Jahre 1971.

Nachzulesen ist dies alles unter folgender Webadresse: www.bund-forum.de • Thema anzeigen – Goldammer, Alfred

Das Exlibris von Alfred Goldammer, das Sie in der Philatelistischen Bibliothek Hamburg bewundern können, ist ein hochfeiner Abzug vom Stahloriginal, auf schwerem Büttenkarton, und in seiner Form sicherlich einmalig. Ob diese Vorlage für einen (nachfolgenden) Druck von Goldammers Exlibris zur Ausführung kam, ist mir nicht bekannt.

In Zeiten, wo Bücher Massenware sind, stellen Exlibris in der oben beschriebenen Form heute eher eine Ausnahme dar. Vielleicht findet man noch hin und wieder Exlibris eingedruckt oder eingestempelt. Die kleinen Klebezettel sind  „by-gones“ aus vergangenen Jahrzehnten (oder sogar Jahrhunderten).

Wenn Ihnen einmal ein ähnlich dekoratives Stück in einem Ihrer philatelistischen Bücher „über den Weg läuft“, schreiben Sie mir doch einmal!

  

 

Bücher mit (meist ) fest eingeklebten Briefmarken

Bücher mit fest eingeklebten Marken.

Ich sammle Philatelistische Bücher mit (meist) fest eingeklebten Marken. Sie werden darüber vielleicht etwas schmunzeln und denken, dass man ja so in dieser Art vor gut 150 Jahren gesammelt hat. Sie liegen da nicht so ganz falsch.

Was ich aber meine, sind Bücher, die schon bei ihrem Erscheinen mit offiziellen, oftmals von Postverwaltungen produzierten oder autorisierten Neudrucken verkauft wurden.

Wahrscheinlich wäre die Liste der aufzuzählenden Buchkandidaten sehr lang. Ich werde Ihnen von Zeit zu Zeit ein paar interessante Titel vorstellen. Denken Sie nur einmal an Werke über die klassischen Marken skandinavischer Länder (Dänemark, Norwegen und Schweden fallen besonders ins Auge), deren eingeklebte offizielle Neudrucke so hervorragend ausgeführt sind, dass sie in den regulären Markenkatalogen teils hoch notiert sind. Von der 6-bändigen Enzyklopädie über die neuseeländischen Briefmarken von Collins und Watts ist sehr oft der Band II zerstört, weil die darin enthaltenen, wundervoll gedruckten Chalon-Köpfe herausgeschnitten und als „Raritäten“ einzeln verkauft wurden. 

F.J.Peplow hat im Jahre 1925 ein Buch über die Marken von Buenos Aires geschrieben, in dem hervorragende Neudrucke der „Schiffchenmarken“ enthalten sind. 100 Exemplare nur wurden von dem Buch gedruckt, und Sie können sich vorstellen, dass dieses Werk mit den darin enthaltenen Neudrucken eine Rarität darstellt. 

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle eine kleine Arbeit vorstellen, die Georg Bühler vor 65 Jahren verfasst hat. Es geht ebenfalls um die „Barquitos“, die Schiffchen von Buenos Aires. Durch einen Zufall war Bühler im Berlin des Jahres 1955 in den Besitz des stählernen Urstempels und der Originalmatrizen gekommen. Seine Erkenntnisse brachte er zu Papier, in einer kleinen, 19-seitigen Broschüre. Zur anschaulichen Dokumentation ließ er vom Urstempel und den Matrizen Abzüge erstellen und klebte diese in das kleine Heft ein.

 

Die Auflage des kleinen Heftchens ist mir nicht bekannt, sie dürfte aber sehr gering sein. Wolfgang Jakubek, der Georg Bühler sehr gut kannte und damals Zeitzeuge war, sprach von „vielleicht 100 Exemplaren“, die Bühler an Freunde und gute Kunden abgab.

Leider wurden auch von diesen kleinen Heftchen viele „geplündert“. Den Urstempelabzug sah ich kürzlich als Einzellos auf einer namhaften deutschen Auktion. Komplette Heftchen dürften heute recht selten sein.