Aspekte zur Hamburger Postgeschichte (4): Die preussische Militärzensur im Jahre 1815

Die Preussische Militärzensur während Napoleons „100 Tage“

Nach der Befreiung Hamburgs von den Franzosen nahm das Thurn & Taxis`sche Postamt am 19.Mai 1814 wieder seine Arbeit auf. Das Postamt verwendete zunächst die „alten“ Stempel aus dem Kaiserlichen Reichs- Oberpostamt und aus der Franzosenzeit (R.4 HAMBURG und HAMBOURG).

Beide Stempel sind eigentlich nicht selten, da es zum Beispiel aus den „Weinkorrespondenzen“ Hamburg-Bordeaux auch heutzutage noch viel Material gibt. Aber es kann sich ja immer lohnen, alte Briefe auch einmal von hinten anzusehen oder die Inhalte zu lesen.

Insbesondere bei Briefen aus dem Jahre 1815 lohnt ein Blick auf die Rückseiten. Und das hat einen  Grund.

Ein kleiner geschichtlicher Überblick:

Nach der Völkerschlacht bei Leipzig und Napoleons militärischer Niederlage wurde er in die Verbannung auf die Insel Elba geschickt. Doch nach nicht langer Zeit mobilisierte er seine Truppen und setzt von Elba wieder auf das französische Festland über.

Es war der 1.März 1815, als Napoleon Bonaparte von seinem Verbannungsort nach Frankreich zurückkehrte, und dies schreckte natürlich die europäischen Verbündeten (Österreich, Rußland, Preussen und Großbritannien), auf. Sie erneuerten ihre Allianz von 1814 und entschlossen sich auf dem Wiener Kongress  zum militärischen Eingreifen.

Die 100-tägige Herrschaft Napoleons, die „Cent Jours“, endete, wie wir im Geschichtsunterricht gelernt haben, mit der Schlacht von Waterloo am 15.Juni 1815. Aber während dieser 100 Tage war Europa in Aufruhr. Strenge Regularien, den Waren- und Güterverkehr nach Frankreich betreffend, wurden eingeführt, und die Angst vor Spionen und Spionage führte dazu, dass auch der Postverkehr überwacht wurde: Preussen richtete „Kommissionen“ ein, die den Postverkehr mit Frankreich betrafen.

 

 

Die Wiedergabe der „Bekanntmachung“ vom 27.März 1815 ist nicht besonders gut. Für unsere heutige kleine Betrachtung ist der Punkt (3) wichtig: „Es wird eine gemischte Kommission zur Durchsicht der nach Frankreich gehenden und von dort ankommenden Briefe niedergesetzt. Erstere werden deswegen offen zur Post gegeben; letztere eröffnet.“

Das war starker Tobak…

Und die hamburgische Post war besonders betroffen, denn über Hamburg lief z.B. alle Post von und nach Dänemark, und die preussischen Behörden argwöhnten, dass auf diesem Wege wichtige Informationen zwischen Frankreich und dem ehemaligen Verbündeten Dänemark ausgetauscht würden.

 

Die zensurierten Briefe erhielten auf der Rückseite den Stempel mit der Inschrift „KÖNIGL. PREUSS. ARMEE POLIZEI“ und dem preussischen Adler. Nach dem Werk von André Leralle „Les Marques Postales Francaises de Hambourg“ soll es von diesem Stempel zwei Typen geben. Ich habe vielleicht ein gutes Dutzend Belege mit diesem Stempel gesehen, aber die „zweite Type“ war nicht darunter.

Generell kann man feststellen, dass dieser Stempel selten ist, schließlich war er nur zwei Monate, im April und Mai 1815, in Gebrauch.

Danach kam Napoleons Waterloo, und der Spuk war vorbei.

Albert H. Harris: Ein bedeutender Händler Philatelistischer Literatur

Zur Philatelie-Geschichte, hier insbesondere zur Geschichte der Philatelistischen Literatur, fand ich auf der Webseite von Abhishek Bhuwalka einen weiteren lesenswerten Artikel. Es geht ein wenig um die „gute alte Zeit“, in der philatelistische Literatur noch nicht kistenweise auf Auktionen verramscht wurde und um die Protagonisten, die im Handel mit diesem Lesestoff den Ton angaben. Einer davon war Albert H. Harris aus England. Lesen Sie nachstehend seinen „Blog-Beitrag”: 
Albert H. Harris. What seems to be a Dictaphone is behind him.
Albert H. Harris. Hinter ihm ist so etwas wie ein Diktaphon.

In meinem vorherigen Blog hatte ich erwähnt, dass die Bibliothek von F.A. Bellamy im Jahre 1938 von Albert H. Harris (nicht zu verwechseln mit H.E. Harris aus den USA) erworben wurde. Dieser Blogbeitrag beschäftigt sich nun mit dem Mann, der Literatur-Händler, Autor sowie Besitzer und Herausgeber verschiedener Briefmarkenjournale war.

Albert Henry Harris wurde in Croydon am 13.September 1885 geboren. Schon in jungen Jahren war an Briefmarken interessiert. Zum Teil in Paris erzogen, gründete er 1902 nach seiner Rückkehr, zusammen mit zwei Freunden, den „Enterprise Stamp Club“. Dieser Club wurde im Oktober 1906 zur „London Philatelic Society“, deren Mitglied er bis zu seinem Tode blieb.

Harris ursprünglicher Beruf war das Werbegeschäft, aber er tendierte mehr und mehr zum Briefmarkenhandel, insbesondere zum Handel mit philatelistischer Literatur. Sein Interesse für Journalismus führte ihn als jungen Mann in das Geschäft von Ernest Benn Ltd., zu der Zeit einer der führenden Herausgeber von philatelistischen Magazinen.

Deshalb ist es kaum verwunderlich, dass Harris am 1.März 1911 ein neues monatliches Magazin startete – das Philatelic Circular – , das für sein anderes frühes Unternehmen, ein Tauschklub mit dem Namen „Modern Collector` s Club“ gedacht war. Nachdem er zwei weitere Journale gekauft hatte und nach 58 publizierten Ausgaben, wurde der Name in The Philatelic Magazine geändert. Ab Juli 1919 erschien es 14-täglich. Einmal auf Einkaufstour, erwarb Harris das ehrwürdige Alfred Smith` s Monthly Circular (1922) [1], The Record of Philately (1936) und das vielleicht am meisten prestigeträchtige Objekt, den Stamp Collector` s Fortnightly (1958). Von 1914 bis 1937 veröffentliche Harris zudem 13 Ausgaben des Who is Who in Philately in Buchform; dies verschmolz mit- und wurde später publiziert im Stamp Collector` s Annual.

Stock of Books of Albert H. Harris (1942/43). Is it Vera Trinder behind the typewriter?
Das Buchlager von Albert H. Harris (1942/43). Sitzt dort Vera Trinder hinter der Schreibmaschine?

Harris Firma, Harris Publications Ltd., war bereits in den 1920er Jahren ein bedeutendes Handelshaus für philatelistische Literatur und sie behielt diese Marktposition bis in die 1940er Jahre. Außer der Bellamy-Sammlung, die er 1938 erwarb, kaufte Harris viele andere bedeutende Bibliotheken wie die von Hugo Griebert und große Teile des Lagers von Edgar Weston. Vielleicht sollte man erwähnen, dass Weston sein Geschäft unter dem Namen „Victor Marsh“ führte und der größte Händler für philatelistische Literatur des frühen 20.Jahrhunderts war.

Individual Parts of Standard Index to Philatelic Literature (1926-32). Courtesy: Burkhard Schneider of Philabooks.
Einzelteile aus Standard Index to Philatelic Literature (1926-32). Mit freundlicher Genehmigung von Burkhard Schneider, Philabooks.
Die Einzelteile wurde als Buch im Jahre 1933 veröffentlicht

Harris` bekanntes Werk über philatelistische Literatur, der „Standard Index to Philatelic Literature“, wird vom bekannten Bibliografen, James Negus, als das beste einbändige Werk zum Auffinden von Büchern und Artikeln von den Anfängen bis zum Dezember 1925 bezeichnet [2]

Ursprünglich war geplant, diese in zehn oder mehr zweimonatlichen Teilen zu veröffentlichen.

Jedoch erschienen nur sechs Teile, von 1926 bis 1932, und diese Teile wurden in Buchform im Jahre 1933 gedruckt (und erschienen 1991 durch James Bendon als Reprint, editiert von James Negus). Während die ersten fünf Teile bis 1928 publiziert waren, erschien der letzte Teil erst 1932, die Verzögerung bedingt durch den Weggang 1928 von Leslie A.J.Baker, der der Hauptverantwortliche für diese Arbeit war und durch die Weltwirtschaftskrise.

Während der Index schon ziemlich komlett war, als der junge Kenneth F. Chapman als 17-Jähriger – zwei Wochen vor dem Weggang Bakers – in die Firma kam, so oblag ihm doch die Aufgabe, das Werk zu vollenden. Kenneth F. Chapman war später der Herausgeber von Stamp Collecting, The Philatelic Magazine und Philately.

In seiner Einführung zu der Reprint-Edition des Standard Index gibt Chapman eine kurze, aber bemerkenswerte Beschreibung von Harris. Er beschreibt ihn als durch und durch integrem philatelistischem Handeln verpflichteten Menschen, mit einem „Adlerblick“ für hohle Phrasen und Schaumschläger. Er war ein strenger Arbeitgeber (was vielleicht auch zum Weggang Bakers führte) und er war rigoros in seinen Ansichten. Er war immer bereit, das journalistische Schwert zu schwingen; er wußte um die juristischen roten Linien im Umgang mit anderen, scheute sich aber auch nicht, hart an deren Grenzen entlang zu arbeiten. Seine Wortgefechte mit Stanley Phillips, dem Herausgeber des Stanley Gibbons Monthly Journal, den er als „ziemlich aufgeblasen, sich selbst als Stimme der Britischen Philatelie bezeichnend“ attackierte, oder mit dem eher bodenständigen Hugh F. Vallency, dem Herausgeber von Stamp Collecting und Harris` größtem Rivalen im philatelistischen Literatur-Geschäft, hielten Harris „am Leben“ und in guter Stimmung!

Letztendlich war er ein guter Geschäftsmann, der immer nach Möglichkeiten suchte, Kosten zu reduzieren und Arbeit zu sparen. Zum Beispiel benutzte er ein Diktaphon, um Briefe zu schreiben, damit die Sekretärin beschäftigt war, während er ausgiebig mit Freunden dinierte, auch ersetzte er in der Buchhaltung alte „Monstrositäten aus der Dickens` schen Zeit“ durch moderne Systeme.

Harris verstarb plötzlich am 29.November 1945. Sein einziges Kind, Captain H. Gordon Harris, diente zu der Zeit in Burma und das Geschäft wurde durch Tom Morgan und Vera Trinder [3] weitergeführt. Harris Publications wurde einige Zeit später umorganisiert, Geschäftsräume und auch die Geschäftspolitik wurde verändert. Während einige wertvolle philatelistische Titel per Auktion durch R.C. Jacombs im Jahre 1946 verkauft wurden, wurde der Rest des Lagers, mit Ausnahme laufender Publikationen, im Januar 1947 an Vallency verkauft. So endete die Ära des „Philatelistischen Literaturkönigs“, eines der bedeutendsten Händler aller Zeiten. [4]

 

Anmerkungen:

[1] The Monthly Circular erschien ab Januar 1875. Sein Vorgänger, The Stamp Collector` s Magazine war eines der frühesten philatelistischen Journale; es erschien von Februar 1863 bis zum Dezember 1874. Nach der Übernahme des Circular änderte Harris den Namen in The Stamp Collector` s Monthly Circular (later Journal) und gab es von September 1920 bis August 1922 heraus. Er verschmolz es mit dem Philatelic Magazine im September 1922.

[2] Die Ursprünge des Index gehen auf das Jahr 1904 zurück, als Harris, als Geschäftsführer der „Enterprise Society“ sich gegen drei andere Mitglieder durchsetzte und die Bibliothek der Society katalogisierte; der Versuch schlug fehl. Nach zahlreichen vergeblichen weiteren Versuchen, begann die Arbeit am Index in der jetzigen Form im Jahre 1923. Aber erst als Baker im April 1925 in die Firma kam, konnte man Fortschritte ausmachen. Das Werk listet Handbücher der ganzen Welt, Philatelistische Journale jedoch nur vom Britischen Empire.

Vera Trinder Webster
Vera Trinder im Harris Publications Händler-
Verzeichnis 1950/51. Mit freundlicher Genehmigung von
Casper Pottle/HH Sales

[3] Vera Trinder (Vera Webster, vor ihrer Heirat mit Derrick Trinder) verließ im Jahre 1969 die Firma und etablierte ihr eigenes Geschäft für philatelistische Literatur und Zubehör. Wohl kaum jemand im Alter über 40 aus der internationalen Philatelie kennt nicht den Namen Trinder! Als das Briefmarkengeschäft im Jahre 1984 liquidiert wurde, kaufte Trinder das Literaturgeschäft. Sie verkaufte im Jahre 2006 ihre Firma an Prinz Publications (UK) Ltd., die den ikonischen Laden in der Bedford Street 38 am 30.Juni 2014 schlossen, aber weiterhin auf ebay UK und ihrer Webseite Bücher und Kataloge anbieten. Vera Trinder starb im Juni 2016.

​​​[4] Um die Geschichte zu vervollständigen: Harris Publications Ltd. wurde im Jahre 1967 durch die Familie an Urch Harris & Co, Bristol (keine verwandtschaftliche Verbindung) verkauft. Zwei Jahre später wurde die Firma dann von Stamp Collecting Ltd. übernommen. Diese Firma ging in freiwillige Liquidation im Juli 1984. Die beiden Journale The Stamp Magazine und Stamp Collecting wurden von der Firma Stamp News Ltd. gekauft, die dann ein Magazin gleichen Namens herausgaben. Stamp News schließlich stellte das Erscheinen im Oktober 1986 ein.

Literaturverzeichnis:

  1. Williams, L.N and M. „Philately’s Great Loss.“ Philatelic Magazine: 53 No. 25 Whole Number 795
    (December 14, 1945).
  2. Harris, Albert H., ed. The Standard Index to Philatelic Literature 1879-1925. London: Harris
    Publications Ltd., 1933.
  3. Chapman, Kenneth F. Introduction to The Standard Index to Philatelic Literature 1879-1925. London:
    Harris Publications Ltd., 1991.
  4. Negus, James. Biographies in The Standard Index to Philatelic Literature 1879-1925. London: Harris
    Publications Ltd., 1991.
  5. Negus, James. Philatelic Literature: Compilation Techniques and Reference Sources. Limassol,
    Cyprus: James Bendon, 1991.
  6. Bacon, Sir E. D. Catalogue of the Crawford Library of Philatelic Literature at the British Library.
    Fishkill, N.Y.: The Printer’s Stone Limited, 1991
  7. Birch, Brian J. The Philatelic Bibliophile’s Companion. Montignac Toupinerie, France: The Author,
    2018.

Der obige Artikel erschien in englischer Sprache als Blogeintrag auf der zitierten Webseite von Abhishek Bhuwalka. Mit seiner freundlichen Genehmigung lesen Sie hier die deutsche Übersetzung.

Frank Arthur Bellamy und seine Philatelistische Bibliothek

F.A.Bellamy – für „Bibliophile“ unter den Philatelisten hat dieser Name einen besonderen Klang. Sein Ex-Libris hat als Pedigree für Bücherfreunde die gleiche Wertigkeit wie eine Signatur z.B. von Ferrary auf einer Briefmarke sie für Philatelisten hat.  Abhishek Bhuwalka aus Mumbai, der eine sehr schöne Webseite pflegt, hat jetzt unter seiner Rubrik „Blog on Philatelic Literature“ über F.A. Bellamy berichtet. Er war sofort einverstanden, als ich ihm vorschlug, diesen Artikel auch in meinem „Bulletin“ zu veröffentlichen, mit einer deutschen Übersetzung. Viel Spaß!

Frank Arthur Bellamy war einer der größten Sammler aller Zeiten von philatelistischer Literatur. Nachdem die Bibliothek des Earl of Crawford dem Britischen Museum vermacht worden war (heute in der British Library), galt die Bibliothek Bellamy `s als die größte der Welt, bis zu ihrem Verkauf im Jahre 1938.

Bellamy wurde in Oxford am 17.Oktober 1863 geboren, als siebtes und letztes Kind einer College Mitarbeiterin und eines Meister-Buchbinders (vielleicht einer der Gründe für seine Liebe zu Büchern). Er war ab 1881 im Radcliffe Observatorium beschäftigt und arbeitete dort 46 Jahre lang am „Astrographic Catalogue“, dem ersten internationalen Werk, das die Photographie zur Katalogisierung von Sternen beider Hemisphären nutzte.

Zusammen mit seiner Nichte, Ethel Bellamy, katalogisierte er etwa eine Million Sterne.

Bellamy wurde im Jahre 1896 zum Fellow der Royal Astronomical Society ernannt, seine Nichte Ethel folgte ihm darin im Jahre 1926.

Im Jahre 1931 wurde H.H. Plaskett zum neuen Direktor des Observatoriums ernannt; Bellamy konnte jedoch mit seinem neuen Vorgesetzten nicht auskommen, so dass er seinen Posten am 30.Januar 1936 aufgab. Er starb, vielleicht an gebrochenem Herzen, zwei Wochen später, am 15.Februar 1936.

Bellamy begann als Kind im Alter von 5 Jahren mit dem Briefmarkensammeln. Sein Augenmerk lag auf den Kuriermarken der Oxford und Cambridge Colleges, von denen er etwa 2500 Stück besaß. Dieser Bestand und einige andere Marken und philatelistische Stücke wurden von John Johnson von Ethel Bellamy erworben und sind heute Teil der weltberühmten „John Johnson collection of printed Ephemera“, die sich in der Bodleian Library befindet [der Hauptbibliothek der Universität Oxford und gleichzeitig eine der sechs Pflichtexemplarbibliotheken im Vereinigten Königreich, in denen jedes im Land gedruckte Werk hinterlegt werden muss].

Bellamy war der Autor von „Oxford and Cambridge College Messenger Postage Stamps, Cards, and Envelopes 1871-86“ (1921) sowie von „A Concise Register of the College Messenger Postage Stamps, Envelopes, and Cards used in the Universities of Oxford and Cambridge 1871-95, together with the stamps used by the Oxford Union Society 1859-85“ (1925). Zudem war er Co-Autor von „A History of the Philatelic Congress of Great Britain and a Précis of the Proceedings at the First Four Congresses held at Manchester, London, Birmingham, Margate in 1909, 1910, 1911, 1912“ (1914).

Bellamy` s bedeutendster Beitrag zur aktiven Philatelie war seine Mitgliedschaft und sein ehrenamtliches Engagement in der Oxford Philatelic Society (OPS). Am 13.Dezember 1890 fand im Boys` School Room in Gloucester Green ein Treffen statt, um über die Gründung „eines Briefmarken-Sammlervereins bzw. über eine Briefmarken-Sammler-Gesellschaft in Oxford“ zu diskutieren. Als Ergebnis wurde am 27.Januar 1891 „The Jubilee Philatelic Association“ gegründet, mit Bellamy als ehrenamtlicher Geschäftsführer und Schatzmeister. Diese Vereinigung verschmolz (oder besser, die ursprüngliche Vereinigung wurde umbenannt) zur Oxford Philatelic Society (OPS), und zwar am 22.März 1892. Bellamy blieb in seiner Funktion bis 1930 und noch einmal ab 1933 oder 1934.

Bellamy war ein „spröder“, oftmals starrköpfiger Mensch, aber penibel und hingebungsvoll in seinen Ämtern und Ansichten.

So hatte er zum Beispiel im Jahre 1889 bei der Gründung der Photographischen Gesellschaft Oxford mitgewirkt, aber zog sich bereits 1892 aus prinzipiellen Gründen zurück; er lehnte es auch ab, der Nachfolgegesellschaft, dem „Oxford Camera Club“, beizutreten, statt dessen schloss er sich dem „Banbury Photographic Club“ an!

Die zeitliche Lücke von 3 oder 4 Jahren in seiner Tätigkeit in der Oxford Philatelic Society kam wie folgt zustande: Bei einem Treffen der OPS am 12.März 1929 wurde Bellamy` s Antrag auf Erhöhung des Jahresbeitrages mit 8 gegen 1 Stimmen abgelehnt. Seine sofortige Kündigung am gleichen Tag nahm er zurück und erklärte sich einverstanden, seine Funktion als Geschäftsführer und Schatzmeister bis zur nächsten jährlichen Hauptversammlung im Januar 1930 weiterzuführen. Als dann ein Captain Harley sein Nachfolger wurde, fanden keine weiteren Treffen bis zum 25.Juli 1933 statt. Bellamy kehrte zurück, um seine Ämter wieder aufzunehmen, entweder bei diesem Treffen oder dem nächsten, das am 13.Februar 1934 stattfand.

Bellamy` s Interesse an philatelistischer Literatur kann man wahrscheinlich auf die letzten zwei Jahrzehnte des 19.Jahrhundert zurückdatieren. Er war Juror für philatelistische Literatur auf der Londoner Philatelistischen Ausstellung 1897.

Um 1916 hatte er eine umfangreiche Bibliothek zusammengetragen. Einige Titel aus seiner Bibliothek halfen Edward D. Bacon bei der Erstellung des Crawford Kataloges.

Bereits um die Jahrhundertwende entschloss sich Bellamy, seine Sammlung der Universität von Oxford zu schenken. im Jahre 1916 führte er Vorgespräche mit der Universität, doch wurde er gebeten, bis zum Ende des Krieges zu warten. Im Jahre 1920 machte er ein formelles Angebot, das sechs Jahre später, im Jahre 1926, zurückgewiesen wurde. Die Universität wies das Angebot mit der Begründung zurück, „…dass die Philatelie kein Studienfach der Universität sei und dass die Sammlung, wie begehrenswert auch immer, Kosten für die Universität verursachen würde, die die Sammlung aufzunehmen nicht rechtfertigen würde.“

Bellamy war zutiefst gekränkt und schrieb zwei Briefe, von denen einer in der „Times“ vom 9.Juni und der andere, mehr ausführlichere, in der „Oxford Times“ vom 25.Juni 1926 erschien. In beiden Briefen legte Bellamy dar, dass er angeboten hatte, sämtliche Kosten, die aus seinem Geschenk erwachsen würden, jetzt und in Zukunft zu tragen. Lediglich der Platz würde benötigt werden, und davon gäbe es genug in verschiedenen Gebäuden der Universität; zudem, falls es später zu Engpässen kommen würde, könnten die Sachen immer noch verlagert oder vernichtet werden! Er hatte das Gefühl, dass die Leitung der Universität die Bedeutung von Postgeschichte nicht erkannt hatte.

Ungesagt blieb der stille Vorwurf, dass, wenn das Britische Museum die Schenkung vom Earl of Crawford annehmen konnte, warum konnte dann nicht die Universität von Oxford sein Geschenk annehmen, das von einer gleich hohen Qualität war?

Diese beiden Briefe wurden später als kleine Monographie gedruckt, unter dem Titel „Statements and Comments upon the Result of a Proffered Gift to the University of Oxford“ [Feststellungen und Kommentare zum Ergebnis eines angebotenen Geschenks an die Universität von Oxford]. Diese Monographie ist heute recht selten.

Kurz vor seinem Tod im Jahre 1936 stand Bellamy unter dem Eindruck, dass seine Sammlung ins Queen` s College (Cambridge) gehen würde. Queen` s hatte in der Tat Bereitschaft signalisiert, zog diese Zustimmung jedoch in Anbetracht der finanziellen Situation von Bellamy` s zwei Nichten zurück, die mit ihm lebten und die von ihm finanziell abhängig waren. Bellamy selbst starb mittellos.

 

 

Viele Quellen behaupten, dass Bellamy` s Bibliothek etwa 200.000 Titel umfasste. Dies ist falsch. In seinen Briefen erwähnt Bellamy, dass die Gesamtzahl seiner Sammlungsstücke einschließlich der Briefmarken über 200.000 betragen würde. Seine Bibliothek allein enthielt „über 75.000 Titel“ und würde 320 Fuß (ca. 100+ Meter) laufende Regalmeter belegen.

Die frühesten Titel datierten zurück bis etwa zum Jahre 1500; hierbei handelte es sich um postalische Verfügungen und Verordnungen; sowie Straßenkarten aus der Zeit, bevor die Eisenbahn fuhr. Ein handschriftliches Bibliotheksverzeichnis befindet sich in der John Johnson Sammlung.

Bellamy` s Bibliothek wurde im Jahre 1938 an Albert H. Harris verkauft. Das Gesamtgewicht betrug circa 10 Tonnen. Seitdem sind Bellamy` s Bücher, kenntlich an seinem Ex-Libris (ein schwarzer Gummistempel von 19mm Durchmesser)[siehe oben], in der ganzen Welt verstreut. In letzter Zeit kann man solche Stücke nur selten finden; vielleicht sind sie alle in bibliophilen Sammlungen verborgen.

Anmerkung: Dieser Artikel wurde erstmals am 21.Februar 2020 veröffentlicht, aber noch einmal gründlich am 12.März 2020 überarbeitet, nachdem der Autor ein Buch über die Geschichte der OPS erwerben konnte (es ist erhältlich von der Society). Viele neue Informationen kamen aus dieser Quelle.

Literaturverzeichnis:

  1. Hughes, A. M. Oxford Philatelic Society: A History. Oxford: Oxford Philatelic Society, 2016
  2. Birch, Brian J. Philatelic and Postal Bookplates. Montignac Toupinerie, France: The Author, 2018
  3. Birch, Brian J. The Philatelic Bibliophile’s Companion. Montignac Toupinerie, France: The Author, 2018
  4. https://en.wikipedia.org/wiki/Frank_Arthur_Bellamy
  5. ​https://cseligman.com/text/atlas/discoverers.htm#bellamy
  6. http://www.abps.org.uk/Home/Who_Was_Who/index.xalter#B
  7. https://www.bodleian.ox.ac.uk/__data/assets/pdf_file/0004/86044/catalogue-of-an-exhibition.pdf
  8. http://www.oxfordshireblueplaques.org.uk/plaques/bellamy.html
  9. https://oxfordphilatelicsociety.wordpress.com/2019/01/13/simon-reviews-our-new-season-to-jan-2019/
  10. http://www.stsepulchres.org.uk/burials/bellamy_frank.html

 

Soweit der Artikel von Abhishek Bhuwalka aus Mumbai, Indien. Sie können den Originaltext in englischer Sprache auch hier lesen.