Aspekte zur Hamburger Postgeschichte (22): PART PAID – ein Hamburger Stempel ?

Teilfrankierte oder nicht ausreichend frankierte Briefe von Hamburg

Im Stempelhandbuch von Dr. Meyer-Margreth [1] sind zwei Stempel aufgeführt, die bei nicht ausreichend frankierten Briefen zur Anwendung kamen, und zwar der Stempel „Unzureichend frankirt“ in Schreibschrift und,  „…für Auslandsbriefe … ein Stempel in englischer Sprache …, ein Zweizeiler in Blockschrift INSUFFICIENTLY PAID“. Nun gibt es noch einen dritten Stempel, nämlich den Einzeiler in Blockschrift PART PAID, der mir nur auf wenigen Belegen bekannt geworden und bei „Meyer-Margreth“ nicht aufgeführt ist. Hier ist einer der prominentesten Briefe der ersten Markenausgabe; er stammt aus der Boker-Sammlung, die in den 1980er Jahren bei der Firma Köhler versteigert wurde:

Volker Parthen hat den Brief wie folgt beschrieben: „Der Brief war unterfrankiert (Das Porto hätte 14 Schilling betragen müssen) und wurde in England nachtaxiert und mit den Stempeln PART PAID (wahrscheinlich hamburger Stempel!) und MORE TO PAY versehen…“. [Anmerkung: am 9. März 1859 hätte das Porto für einen einfachen Brief nach England 9 Schilling betragen; eine Unterfrankatur von 1 Schilling erscheint mir – auf aufgrund der handschriftlichen Notiz „more to pay 1d“ –  wahrscheinlicher als eine Unterfrankatur von 6 Schillingen bei doppelter Gewichtsstufe (2x 7 Schilling), wie es Volker Parthen damals annahm.]

Ganz sicher über die Herkunft des PART PAID-Stempels war sich der Beschreiber nicht. Auf dem folgenden Brief ist meiner Meinung nach die Sache eindeutiger:

Und hier ist der Stempel PART PAID wohl auch in Hamburg draufgekommen:

 

Leider ist dies nur ein Brieffragment. Aber der Brief war garantiert unterfrankiert. In Birmingham hieß es dann „MORE TO PAY“, und zwar „1d.“, wie in Tinte vermerkt wurde.

Es handelt sich wohl doch um einen Hamburger Stempel, wie auch James van der Linden in seinem Attest für den Brief aus den USA darlegt. Den anderen „englischen Stempel“, den ich bereits oben erwähnt habe, sehen Sie hier:

Dieser Brief zeigt den INSUFFICIENTLY PAID – Stempel. Er wurde im Jahre 1864 geschrieben, also etwa 3-4 Jahre später als die oben gezeigten Beispiele des PART PAID Stempels. Ich könnte mir vorstellen, dass er den „Part Paid“-Stempel abgelöst hat, um vielleicht auch Verwechselungen mit dem ähnlichen  PAID PART -Stempel zu vermeiden, der eine gewollte Portoteilung dokumentiert. Beide Stempel sind im Stempelhandbuch der Arbeitsgemeinschaft [2] aufgeführt.

Das deutschsprachige „Pendant“ darf dann in der kleinen Dokumentation nicht fehlen:

Auch im Preußischen und im Thurn & Taxis`schen Postamt wurden ungenügend frankierte Briefe entsprechend behandelt:

Bezüglich der Zuordnung des Rahmenstempels folge ich der Meinung des großen Hamburg-Kenners, Walter Engel, der diesen Stempel eindeutig dem Preußischen Oberpostamt in Hamburg zuordnet.

Der Brief wurde im Briefkasten vorgefunden und dann vom Stadtpostamt an das Preußische Postamt weitergeleitet. „Reicht nicht“ wurde handschriftlich mit Tinte unter der Marke vermerkt und dann wurde noch der Rahmenstempel abgeschlagen, diesmal in schwarz.

Das Thurn & Taxis`sche Postamt machte es dann international – in Französisch, der amtlichen Sprache des Weltpostvereins:

Beide Briefe (aus den Jahren 1865 und 1866) wurden im Briefkasten vorgefunden und, da nicht ausreichend frankiert, mit dem Dreizeiler BOITE/AFFRANCHISSEMENT INSUFFISANT versehen. Der Empfänger wurde dann zur Kasse gebeten.

Aufgrund der diversen Währungen und Tarife, die bei den verschiedenen Postämtern in Hamburg zur Anwendung kamen, finden wir oftmals unter- oder überfrankierte Briefe,  die keinerlei postalische Vermerke bzw. Taxierungen aufweisen, sondern einfach „durchgeschlüpft“ sind. Briefe mit den oben beschriebenen Stempeln sind generell nicht häufig.

[1] Dr. Ernst Meyer-Margreth. Die Poststempel von Hamburg. Hamburg,1965

[2] Handbuch der Poststempel von Hamburg. Hrsg. Arbeitsgemeinschaft für Postgeschichte und Philatelie Schleswig-Holstein, Hamburg und Lübeck e.V. Hamburg, 1982.