Aspekte zur Hamburger Postgeschichte (7) – Neuordnung der Post nach der Franzosenzeit (I)

Ein Hamburger Brief (?) – Neuordnung der Post nach der Franzosenzeit

Der hier gezeigte Handelsbrief wurde in Stockholm am „28. Juny 1814“ geschrieben. Absender war die Firma Scherer Britthelly und der Brief ist adressiert an die bekannte Firma „Chr. Renken & Sohn, Oldenburg“, einem Handelshaus u.a. für Bordeaux-Weine aus Frankreich.

„frei Hambg.“ hatte der Absender vermerkt, aber ein Hamburger Stempel ist nicht zu sehen. Wie wurde also der Brief befördert?

Rückseitig lesen wir „befördert durch J.H. Venauer & Prieß, Lübeck 11.Juli 1814“; also von Stockholm nach Lübeck hatte den Brief ein Spediteur, ein „Forwarding-Agent“, mitgenommen und ihn dann in Lübeck der Post übergeben. „ST P LUB:“ – dieser Einzeiler dokumentiert, dass der Brief dort dem Postsystem übergeben wurde. Eine Röteltaxe „5“ und rechts unten eine „10“ in anderer Handschrift geben Aufschluß auf die Taxierung.

Von Lübeck über Hamburg nach Oldenburg – das ging zunächst mit der Lübecker Reit- und Fahrpost [1] und hätte dann vom Hamburger Stadtpostamt abgefertigt werden müssen, die für den Postkurs nach Bremen zuständig war.

Noch aber funktionierte die Verbindung nicht so richtig, oder besser gesagt, war es eine postvertragsfreie Zeit. Die Franzosen waren am 19.Mai 1814 aus Hamburg abgezogen und die einzelnen fremden Postanstalten hatten meist erst im Juni ihre Arbeit wieder aufgenommen.

Bremen war bereits ein halbes Jahr früher, im November des Jahres 1813, von den Franzosen befreit worden und hatte in Herrn Dr.Wichelhausen einen tüchtigen Minister , der das Postsystem nun neu organisieren sollte. Bereits Anfang 1814 hatte er mit Hamburg über die Wiederaufnahme des alten Postkurses Hamburg-Bremen-Amsterdam verhandelt, zu einem Zeitpunkt, als Hamburg noch unter der Herrschaft der Franzosen stand. Die Post sollte von Blankenese über Cranz, Buxtehude, Zeven und Ottersberg laufen und berührte dabei natürlich auch Hannoversches Gebiet.

Und an dieser Stelle kommt der rückseitig abgeschlagene Stempel „H.P“ ins Spiel. Die Hannoversche Post wollte natürlich auch ihren Anteil an den Postgebühren haben. So wurde der reitenden und Fahrpost in Ottersberg das Postfelleisen abgenommen und in das Hannoversche Posthaus in Bremen transportiert. Es war eben „H.P“, also „Hannoversche Post“ und die Gebühren blieben entsprechend, zumindest anteilig, bei den Hannoveranern.

Man kann dies durchaus als einen kleinen Postkrieg verstehen. Was sich heute so leicht und locker anhört, wurde damals aber mit harten Bandagen ausgekämpft. Sehr ausführlich ist dies beschrieben in der „Geschichte der Bremischen Landespost“ von Chr. Piefke [2]. Postdirektor Dr. Wichelhausen berichtet an den Bremer Senat nach einer Verhandlungsrunde mit dem hannoverschen Postmeister: „Ich eilte aus Hannover mit dem Wunsche, niemalen nötig zu haben, dahin in solchen Angelegenheiten je wieder reisen zu müssen.“ Herr Dr. Wichelhausen muss also ganz schön „bedient“ gewesen sein…

Mit den Verhandlungen hat es dann noch etwas gedauert – am Ende aber stand eine Vereinbarung, mit der alle drei Vertragspartner, die Hamburger, die Bremer und die Hannoveraner, gut leben konnten.

 

[1] Handbuch der Poststempel von Hamburg. Hrsg. Arge Schleswig-Holstein, Hamburg und Lübeck. K.Simonsen. 2004

[2] Chr.Piefke. Geschichte der Bremischen Landespost. 1947. S.65 ff.