Aspekte zur Hamburger Postgeschichte (16) – Zeitzeugen: Die Bombardierung von Kopenhagen.

Zeitzeuge sind sie eigentlich ja alle, die Briefe, die aus alten Zeiten erhalten sind und deren Inhalte über das Leben und Arbeiten vor 200 Jahren Auskunft geben. Der Brief, den ich heute vorstelle, ist aber außergewöhnlich. Er ist ein Zeitzeuge der

Bombardierung von Kopenhagen im September 1807.

Der geschichtliche Hintergrund: 

Dänemark war politisch mit Frankreich „verbandelt“. Die dänische Handelsflotte wurde von der britischen Marine auf ihren Routen behindert, woraufhin die dänische Regierung zum Schutz eine Bewaffnung der Schiffe vornahm. Das veranlasste die Britische Admiralität, präventiv (!) die Bombardierung Kopenhagens zu befehlen, um einen potentiellen Gegner auszuschalten. Die Bombardierung Kopenhagen erfolgte vom 2.-5.September 1807 und richtete erhebliche Schäden an: 30% der Stadtfläche von Kopenhagen wurden zerstört und ca. 2000 Tote waren zu beklagen. In der Folge wurde die Auslieferung der dänischen Flotte an England erzwungen und Kopenhagen wurde sechs Wochen von britischen Truppen besetzt.

Der Postverkehr zwischen Hamburg und Kopenhagen war bis Mitte Oktober 1807 unterbrochen. Es sind nur ganz wenige Briefe aus dem Zeitraum von Mitte August bis Mitte Oktober 1807 bekannt, die vermutlich in einem verschlossenen Umschlag per Handelsschiff, privat, oder, wie oben gezeigt, durch die Feldpost befördert wurden. Georg Mehrtens hat in seinem Vortrag in der Philatelistischen Bibliothek Hamburg im November 2021 die schwierigen Umstände zu der Zeit – anhand eines Beleges, der in umgekehrter Richtung lief – dargelegt.[1]

Nun zu dem außerordentlich interessanten Inhalt des Briefes:

 

Copenhagen, d. 12ten Septbr. 1807

Seit mein letzter Brief vom 16.August ist ahle Communication zwischen Seeland und den festen Landen abgeschnitten gewesen, so daß keiner selbst jetzt nicht hier weiß, was auf dem festen Lande geschehen.- Hier hat der Engländer als gewöhnlicher Seeräuber seine Rohle höllisch gespielt – die Stadt ist mit 8- 10 000 Bomben beschoßen und nach 4-tägiges Bombardement, nachdem 1/3 der Stadt gebrandt und hunderte Familien unglücklich geworden, hat der Commandant capitulirt und unsere ganze Dänische Flotte wird den Engländern übergeben, und nach 6 Wochen müßen die Engländer Seeland verlaßen – Der Däne träumte keinen Krieg als er von 30 000 Engländern überfallen wurden, die Dänen waren keine 3000 Mann. Wärend der Belagerung die vier Wochen dauerte, war jeder Bürger Soldat, auch ich war freywillig Vertheidiger meines Vaterlandes – von unser Corps welches 500 Mann stark war, sind 66 Thöden und Verwundeten -. Da der Abreise jetzt erlaubt ist, so ziehe ich nach Norwegen, und werde ahles bey dieser Confusion verusachten Zufahles zu Ihrer nötigen Zufriedenheit in Ordnung zu bringen…  

 

 

 

Ob nun in Norwegen das Leben leichter war, darüber kann man nur spekulieren. Jedenfalls war der Absender guten Willens, seine Geschäfte mit Schröder & Schyler zu regulieren…

 

[1] Georg D.Mehrtens. Einige Anmerkungen zum Postverkehr zwischen Frankreich und Skandinavien in den Kriegszeiten der Französischen Revolution von 1783-1813. Postverkehr über Hamburg nach Skandinavien in den Zeiten Napoleonischer Kriege. Philatelistische Bibliothek Hamburg, November 2021.