Der zweite Teil meiner „Aspekte“ zu den gezähnten Ausgaben beginnt mit der
Wertstufe zu 2 Schilling. Hier zuerst ein paar prachtvolle Einheiten:
Postfrische Einheit
Die Reihenzähler waren links und rechts
Meistens erfolgte die Entwertung durch den dicken Strichstempel
Hier einmal der Ortsstempel des Stadtpostamtes
Klare Ortsstempel sind nicht so häufig
Als Einzelfrankatur war der 2-Schilling-Wert bestimmt für die Post nach Lübeck sowie von und nach Ritzebüttel (Cuxhaven):
„Fast“ ein Letzttag: 30.12.1867
Der Ritzebütteler Wellenstempel einmal nicht als Vorausentwertung verwendet
So ging das natürlich nicht – 2 Schilling (statt 7) war dann wohl doch ein wenig „optimistisch“:
Mehrfachfrankaturen – very „easy“ (nämlich per 2) nach Preussen:
Nach Wörlitz bei Dessau – 4 Schilling
Nach Pesth in den Postverein
Frankatur nach Frankreich unzureichend – vermutlich 2.Gewichtsstufe (blaue „2“ links oben)
6 Schilling nach Frankreich wurden als korrektes Porto anerkannt. Der „Hamburg“-Stempel des preußischen Postamtes wurde durchgestrichen und der Brief durch die Thurn & Taxis`sche Post befördert
6 Schilling – ebenso nach Italien durch die Thurn & Taxis`sche Post
Eine „Kombi“ haben wir noch:
2 1/2 Schilling nach Mecklenburg
Die Wertstufe zu 3 Schilling:
Als gestempelter Streifen die größte bekannte Einheit
Ungezähnt – aus den Restbeständen
Nicht häufige Einheit mit Originalgummierung, also nicht aus den Restbeständen
Als Einzelfrankatur war der 3-Schilling-Wert das Porto nach Bremen und Oldenburg:
Die seltene „preußischblaue“ Farbe
Als Mehrfachfrankaturen…:
Nach Frankreich – wieder einmal 6 Schilling
Nach Schweden. Die linke Marke mit dem Plattenfehler „durchbrochener „D-Abstrich“
… und als Kombinationsfrankaturen:
4 Schilling nach Preußen (= 3 Silbergroschen); wieder mit der guten „Preußischblauen“!
7 Schilling nach England
Die Wertstufe zu 4 Schilling:
Oberrandstreifen mit allen Rändern. 12 Streifen à 8 Marken ergab die Bogengröße von 96 Stück
Als Einzelfrankatur deckte der 4-Schilling-Wert das Porto nach Preußen. Das entsprach 3 preußischen Silbergroschen.
Für Briefe aus dem Briefkasten (ab 1.1.1865) galt auch der 4-Schilling-Tarif ins Thurn & Taxis`sche Postgebiet
Ab dem 1.11.1866 war das Porto nach den Niederlanden 4 Schilling
Doppelt schwere Gewichtsstufe (links oben blaue „2“), daher Nachporto
Eine Mehrfachfrankatur:
Dieser Brief aus gleicher Korrespondenz „Holst, Amsterdam“ , wie oben, war doppelt schwer und daher korrekt mit 8 Schillingen frankiert
Zwischendurch eine Kuriosität:
Was hat sich der Absender dabei gedacht? Im hannöverschen Haselünne waren die Hamburger Briefmarken natürlich nicht gültig. Der Brief stammt vom 8.Dezember 1865 und hat den Postweg nach Berlin korrekt durchlaufen. Der Empfänger durfte Nachporto bezahlen.
Zum Schluss eine feine Kombination:
Aus dem Briefkasten, dann der preußischen Post übergeben. 4 Silbergroschen (links unten „4“ in Rötel) war der Tarif, das entsprach 5 1/3 Schillingen, die auf „5 1/2“ aufgerundet wurden. Es sind bisher nur 2 Briefe nach Warschau bekannt geworden.
Die Wertstufe zu 7 Schilling:
Ungebrauchte Einheit mit vollständiger Originalgummierung
Fast schon „Standard“: 7 Schilling-Frankatur nach England. Aber die orangene 7 Schilling war nur 6 Monate im Postgebrauch und wurde schon bald durch die lilafarbige 7 Schilling ersetzt
Die Wertstufe zu 9 Schilling:
Ein dekorativer Oberrandstreifen. Sie sehen, wie unterschiedlich gut (oder schlecht) die Zentrierung der Marken ist.
Eine ziemlich gleichmäßige Zentrierung
Das „Pièce de Résistance“ der gezähnten Ausgaben. Der seltene 9-Schilling-Wert auf Brief nach Maracaibo. Aus dieser sogenannten „Swift-Penny-Korrespondenz“ sind 5 Belege bekannt. Dieser ist meiner Meinung nach der Schönste – statt des meist verwendeten blauen Strichstempels zeigt er drei klare Abschläge des Ortsstempels.
Die „Postautomatisation“ macht auch vor Hamburg nicht halt: am 26.August 1864 erscheinen von fast allen Wertstufen gezähnte Versionen.
Das zunehmend höhere Postaufkommen erforderte ein schnelleres Abfertigen der Postsendungen, und die Perforation der Markenbögen erleichterte den Postbetrieb ungemein, auch wenn an das Publikum nach wie vor nur ganze Markenreihen (à 8 Stück) abgegeben werden sollten.
Wir greifen mal etwas vor auf den 4-Schilling-Wert. Hier ist ein kompletter Markenstreifen von 8 Stück zu sehen. 12 Reihen senkrecht – macht eine Bogengröße von 96 Stück.
Mit Ausnahme der Wertstufen zu 1 1/4 und 2 1/2 Schilling kamen alle Werte ab dem 26.8.1864 an die Postschalter. Die beiden „Ausnahmen“ nehmen ja schon aufgrund ihres abweichenden Druckverfahrens (Steindruck statt Buchdruck) eine Sonderstellung ein; ich habe dazu ja schon an anderer Stelle ausführlich berichtet (Aspekte (5) – Der Beginn des Deutsch-Dänischen Krieges und die postalischen Auswirkungen). Nachfolgend nun ein Ausflug zu den anderen Wertstufen, ihren Besonderheiten und Verwendungen.
Die Wertstufe zu 1/2 Schilling.
Zentrierung des Markenbildes beim Perforieren der Bögen war „Glücksache“…
Hier hatte es schon besser geklappt
Die Zähnungsmaschine arbeitete nicht immer perfekt: Ein waagerechtes Paar, bei dem die senkrechte Perforation fehlt.
Innerhalb Hamburgs betrug das Porto ab dem 1.Januar 1865 nur noch 1/2 Schilling
Ein hübscher Damenbrief nach St.Pauli
Nach Bergedorf war ab dem 15.6.1866 der Tarif ebenfalls 1/2 Schilling
Der Absender hatte von der Portoreduktion auf 1/2 Schilling vermutlich nicht gehört. Für die Nachsendung nach Lübeck wurde kein Nachporto vermerkt.
Drucksachen kosteten schon seit 1858 nur 1/2 Schilling, zumindest nach Bremen und einigen anderen Orten. Hier ein Streifband, eines von wenigen noch erhaltenen Stücken.
Mehrfachfrankatur: 1 1/2 Schilling nach Lübeck. Im Mai 1867 gab es schon die Wertstufe zu 1 1/2 Schilling. Die hatte der Absender wohl gerade nicht zur Hand.
Nicht ganz „sattelfest“ – das Porto nach Ludwigslust in Mecklenburg wäre 2 1/2 Schilling gewesen. Hier klebt also 1/2 Schilling zu viel drauf. Immerhin ist der Sechserstreifen die größte bekannte gestempelte Einheit dieser Marke.
Die 1/2 Schilling-Wertstufe wurde oft zur Ergänzung bzw. zum „Kombinieren“ gebraucht. Bei den Steindruckmarken hatte ich schon bei den Norwegen-Frankaturen (Aspekte Nr.5 – siehe oben) darauf hingewiesen. Hier kommen nun noch ein paar andere Beispiele:
4 1/2 Schilling – zumindest ungewöhnlich
Hier darf man mal spekulieren, was für eine Portostufe das werden sollte…
4 Schilling waren das Porto nach Preußen
2 1/2 Schilling nach Dänemark
3 Schilling nach Bremen – das stimmt genau
Wenn man einmal mit dem Kombinieren anfängt.. 4 Schilling wären es nach Preußen gewesen, 4 1/4 sind es am Ende geworden!
„Krumme“ Portostufen kamen häufiger vor, wie auch schon an anderer Stelle erwähnt. Die oft zitierte „preussische Sparsamkeit“, nämlich bloß nicht zu viel zu frankieren, war sicher oftmals dem Bedürfnis untergeordnet, die Briefe so schnell wie möglich zu spedieren. Und wenn mal 1/4 oder 1/2 Schilling zu viel draufgeklebt werden musste, weil eben gerade nichts „Passendes“ zur Hand war, war dies von nachrangiger Bedeutung. Man kann aber generell sagen, dass alle diese Mischfrankaturen recht selten sind.
Die Wertstufe zu 1 Schilling:
Das ist nun – neben dem Wert zu 1/2 Schilling – die preiswerteste Marke der gezähnten Ausgabe. Größere Einheiten sind aber gar nicht so häufig, ebenso wenig wie Einzelfrankaturen. Das Porto innerhalb Hamburgs wurde ab dem 1.Januar 1865 von 1 Schilling auf 1/2 Schilling gesenkt, portogerecht auf Ortsbriefen war die Marke also nur gut 3 Monate zu verwenden. Dazu kam die Verwendung nach Bergedorf; bis zum Juni 1866 war dorthin 1 Schilling zu entrichten.
Eine portogerechte Einzelfrankatur – nach Bergedorf bis zum 14.6.1866
Nicht ganz „geklappt“ hat es mit der Frankatur bei den folgenden drei Briefen:
Nach Bergedorf wäre es 1/2 Schilling gewesen, aber nach (K)Curslack im Bergedorfer Landbezirk wäre es 1 Schilling mehr gewesen. „Unzureichend frankiert“ – nämlich um 1/2 Schilling – und daher Nachporto 1/2 Schilling + Strafe in gleicher Höhe, macht 1 Schilling, der beim Empfänger einkassiert wurde…
Steinbek lag damals kurz hinter der Hamburger Grenze, im Schleswig-Holsteinischen. Da wären 1 1/4 Schilling gewesen, Nachtaxe also „1/2“ (Nachporto 1/4 Schilling + Strafe in gleicher Höhe)
Nach Celle im Kgr. Hannover wäre das Porto 1 1/2 Schillinge gewesen. „Reicht nicht“ – es fehlte nämlich 1/2 Schilling + Strafporto 1/4 Schilling, das machte 3/4 Schilling oder 8 hannoversche Pfennige
Die 1-Schilling-Marke ließ sich aber gut als Mehrfachfrankatur verwenden:
3 Schilling nach Sophiengroden im Oldenburgischen
4 Schilling – der Tarif ins preußische Postgebiet
Und zum Kombinieren ging das auch wunderbar:
Nach Dänemark 2 1/2 Schilling
Ins Oldenburgische Wildeshausen – 3 Schilling
Nach Neustrelitz – 4 Schilling
Zum Abschluss zwei Kombinationen nach London:
7 Schilling bekommt man auf verschiedene Art zusammen; mit 5 Exemplaren der 1 Schilling-Marke ist es zumindest ungewöhnlich..
Dreifarbig geht es natürlich auch!
Hier gibt es eine kleine Pause: Die Wertstufe zu 1 1/4 Schilling nimmt ja – ebenso wie der Wert zu 2 1/2 Schilling – eine Sonderstellung ein (sh. „Aspekte (5) – die Auswirkungen des Deutsch-Dänischen Krieges von 1864“); es folgt also im nächsten Kapitel eine Betrachtung zu den gezähnten Wertstufen ab 2 Schilling.
„Eine Sammlung wird durch Abarten erst schön!“ – titelte Wolfgang Jakubek in einem Artikel des Briefmarken-Spiegels aus dem Jahre 2002 . Er stellte in dem damaligen Beitrag den Plattenfehler „Basis des zweiten „l“ in „Schilling“ verkürzt“ auf der 3-Schilling-Marke gezähnt (Mi.Nr.15) vor. Obwohl dieser Fehler schon seit weit über 100 Jahren (nämlich seit 1892) literaturbekannt war, hatte der Michel-Katalog bis zum Jahre 2003 keine Notiz davon genommen.
Damit Sie wissen, worum es geht, hier nachstehend einmal die Abart auf drei Einzelmarken:
Hier sind die drei Farben der 3 Schilling blau – alle zeigen die verkürzte Basis des zweiten „l“ sehr deutlich
Nachdem der Artikel im BMS erschienen war, gab es einige Rückmeldungen von Sammlern, die diesen Fehler in ihren Sammlungen gefunden hatten. Die Statistik von Herrn Jakubek, zu der Zeit (2002): 5 lose Stücke, ein Brief und ein Briefstück! Das dürfte also danach etwas aktualisierungsbedürftig gewesen sein. Natürlich ist der Plattenfehler keine „Massenware“… Anhand eines Oberrand-Bogenteils konnte ich die Position im Bogen feststellen, bei der dieser Fehler auftritt:
Die Bogengröße der Hamburger Freimarken sind 12 Reihen zu jeweils 8 Marken (= 96 Marken), der Bogenoberrand mit der Inschrift definiert eindeutig FELD 7 für die Abart
Man kann den Fehler gut mit bloßem Auge sehen!
Das Suchen und Finden ging aber weiter: Der gleiche Plattenfehler kommt schon auf der ungezähnten Ausgabe vor – mit Hilfe der Verbandsprüferin, Frau Gertraud Lange, konnten wir ihn auf drei Briefen nachweisen. Einen davon zeige ich Ihnen hier:
3 Schilling nach Bremen – und die Abart kann man deutlich sehen..
Der Stempel geht zwar etwas drüber – aber der Plattenfehler ist deutlich sichtbar!
Auf einem Brief aus der berühmten „Boker“-Sammlung nach Amsterdam findet sich der Fehler auf der linken Marke eines waagerechten Paares; damals, in den 1980er Jahren, wurde er noch unerkannt verkauft!
Frau Lange konnte weitere interessante Details beisteuern. In ihrem Archiv hatte sie den Fehler auch auf einem Probedruck-Bogenteil der 3 Schilling (Mi.Nr. P4 2 rot) nachgewiesen, auch hier auf dem bekannten Feld 7:
Der Scan konnte nur von einer Archivvorlage genommen werden und erscheint daher etwas verpixelt…Der Plattenfehler auf FELD 7 ist deutlich zu sehen.
Und nun wird es „ganz verrückt“: Ebenfalls im Archiv von Frau Lange erscheint der Plattenfehler auf Feld 2:
Ich denke, dass es sich hier um eine Einheit der Mi.Nr. 15 U handelt. Der Farbe nach kommt das Stück einer Mi.Nr.4 schon sehr nahe. Leider habe ich hiervon auch nur die Archivvorlage
Sie sehen, nach über 150 Jahren nach Erscheinen der ersten Hamburger Briefmarken gibt es immer noch Überraschungen! Vielleicht haben Sie, verehrter Leser, noch weitere Belegstücke zu diesem Thema? Über Ihre Zuschrift würde ich mich freuen!
Nachstehend hier der damalige Artikel von Wolfgang Jakubek aus dem Jahre 2002: